30. Mai 2012

Der "Pizza-Service" liefert wieder

Am vergangenen Wochenende wurde das perfekt gemacht, womit eigentlich jeder schon seit Monaten rechnete: Claudio Pizarro kehrt nach fünf Jahren in London und Bremen zum FC Bayern zurück. Hier erlebte er eine streng erfolgreiche Zeit, u.a. mit dem Gewinn der Meisterschaft und des DFB-Pokals. "Pizza" bildete Anfang der Nuller zusammen mit Giovane Elber, später dann mit dem Holländer Roy Makaay ein gefährliches Sturmduo. Insgesamt schoss er in 174 Partien 71 Tore für die Roten. Der mit einem Einjahresvertrag ausgestattete Peruaner soll Mario Gomez druckmachen und als so genannter Back-Up fungieren. Eine grandiose Entscheidung, da der Stürmer die nötige Erfahrung und einen verdammt guten Torriecher mitbringt. Leidtragender des Wechsels könnte nicht nur der angesprochene Gomez werden: Auch Rechtsverteidiger Rafinha muss womöglich um seine Existenz bangen - wohnt der Brasilianer doch derzeit nur zur Miete im Haus Pizarros. Da dieser nun nach München zurückkehrt, wird sich Rafinha wohl oder übel eine neue Bleibe suchen müssen.  

Der Pizza-Service liefert also wieder: Willkommen zurück, Claudio Pizarro!

[Bild: Tobias Ilg]

27. Mai 2012

Schuss vor den Bug

Niederlagen sind nie erwünscht - doch manchmal kommen sie zur richtigen Zeit. Spätestens nach den verletzungsbedingten Ausfällen von David Villa und Carles Puyol bei den Spaniern, ist Deutschland die Favoritenrolle bei der Europameisterschaft endgültig zugeschrieben worden. Kaum ein Experte sieht die Mannen von Joachim Löw nicht im Finale. Damit sich diese Meinungen nicht in den Köpfen der Spieler verankert und vor lauter Lobhudeleien im Vorfeld das Fußballspielen vergessen wird, setzte es gestern - wie gerufen - eine saftige 5:3-Niederlage gegen die Schweiz. Zum richtigen Zeitpunkt. Besonders in der Defensive wurden einige Schwächen brutal aufgezeigt. Marc-André Ter Stegen strahlte in seinem ersten A-Länderspiel mehr Nervosität als Sicherheit aus, Mats Hummels agierte, wie so oft im Dress der Nationalmannschaft, unkonzentriert und Per Mertesacker ist von einer EM-Form so weit entfernt, wie der FC Brunsbüttl von der Bundesliga. Einzig der junge Schalker Julian Draxler und der künftige Dortmunder Marco Reus machten positiv auf sich aufmerksam. Noch sind es knapp zwei Wochen bis zum Beginn der EM. Am kommenden Donnerstag steht eine weiterer Vorbereitungskick, bei welchem dann wieder die Spieler von Bayern München dabei sind, gegen Israel an. Ein wenig Zeit zum Testen hat der Bundestrainer also noch. Bleibt zu hoffen, dass dieser Schuss vor den Bug zur rechten Zeit kam und dem DFB-Elf klar macht, dass der Weg zum großen Titel kein Selbstläufer wird.

25. Mai 2012

Die Verwurstung der Hauptstadt

Heute fällt höchstwahrscheinlich eine Entscheidung: Wird das Skandal-Relegationsspiel Hertha BSC gegen Fortuna Düsseldorf tatsächlich wiederholt? Die Berliner sind vor dem Urteil des DFB-Bundesgericht zuversichtlich. Manager Michael Preetz rechnet sich gar eine "sehr, sehr gute Chance" aus.
Wenn es nach mir ginge zurecht: Die Ereignisse in Düsseldorf warfen ein unsägliches Bild über den deutschen Fußball. Es kann nicht sein, dass ein Verein seine Zuschauer nicht mehr unter Kontrolle hat und die Spieler der gegnerischen Mannschaft um ihr Leben fürchten müssen, wie sie zu Protokoll gaben. Die Causa "Düsseldorf" sollte als abschreckendes Beispiel in die Fußballhistorie eingehen. Ein Exempel muss, meiner Meinung nach, statuiert werden, um den Fußball wieder in sichere Bahnen zu lenken. Mittlerweile muss man sich ja beinahe zweimal überlegen, ob man einen Familienausflug ins Stadion macht. Vielleicht kommen die sogenannten Fans erst dann wieder zur Ruhe, wenn ihnen vor Augen gehalten wird, das ihre dummen Handlungen zu mehr als nur einer Geldstrafe oder individuellen Stadionverboten führen kann. Im Wiederholungsspiel hätten es die Düsseldorfer wieder selbst in der Hand, die Suppe, in welche die Fans reingespuckt haben, auszulöffeln. Für Hertha böte sich eine zweite Chance - und das trotz einer miserablen Hinrunde und Leistungen, auf und neben des Platzes, die eigentlich nur eine Konsequenz hätten nach sich ziehen müssen: den Abstieg.
Zu Beginn des Jahres war es noch noch Bundespräsident a.D. Christian Wulff, der scheibchenweise, per Salami-Taktik, seinen ganz persönlichen Abstieg erlebte. Doch nun erfasst die Verwurstung auch die sportliche Ebene. Stück für Stück näherten sich die Berliner der Zweiten Liga. Die Entlassung von Markus Babbel war die erste Scheibe, es folgte die "Lügenbaron-Affäre", die Einstellung Michael Skibbes und miese Leistungen unter dem Feuerwehrmann Otto Rehhagel. 
Nun, sportlich eigentlich mit dem Abstieg gestraft, versucht es die "Alte Dame" vor Gericht. Mit Hilfe der Wurst versteht sich. Erst wird beim DFB-Sportgericht geklagt, dann beim DFB-Bundesgericht. Ein (eventueller) Abstieg auf Raten. Ob es die Vereinsführung dann endlich einsieht, dass ihr Kader, ihr Trainerteam der Rückrunde und vor allem ihr Manager, einfach nicht erstligareif sind? Gerade dieser zeigt momentan wieder glorreich, wie gut er im Parolendreschen ist. Statt zweigleisig zu planen und sich um die Vorbereitung der neuen Saison zu kümmern, tritt Preetz erneut gegen Babbel nach. Währenddessen verlassen Woche für Woche junge, vielversprechende Talente den Verein, die gerade für den Neuaufbau in der Zweiten Liga von großer Bedeutung wären. So schnürt ab kommender Saison Roussel Ngankamp seine Kickschuhe für den 1. FC Nürnberg, Jerome Kiesewetter zieht es nach Stuttgart zum VfB.

Die Hertha vor der Entscheidung am heutigen Freitag vor dem DFB-Bundesgericht: Ein verwursteter Verein, dem ein wenig Vegetarismus sehr gut zu Gesicht stehen würde. 

Schwedisches Orakel

Die Stockholmer Tageszeitung Expressen veröffentlichte vergangene Woche folgende aufmunternde Worte:
„Chelsea war erst Barcelona und dann Bayern unterlegen, konnte aber beide Giganten knacken. Schweinsteiger, Kroos und Lahm tut das Aufwachen jetzt sicher weh. Aber in anderthalb Monaten sind sie mit Deutschland Fußball-Europameister.“
Hoffen wir einmal, dass das schwedische Orakel recht behält!

24. Mai 2012

Robin statt Robben?

Neben dem bereits so gut wie feststehenden Neuzugang aus Bremen Claudio Pizarro, soll ein weiterer Offensiv-Mann den Weg nach München finden. In den letzten Wochen geisterte der Name Gonzalo Higuaín durch die Gazetten, heute war von einem kolportierten Interesse am ehemaligen Wolfsburger und Torschützenkönig Edin Dzeko zu lesen. Beide sind bei ihren Vereinen noch langfristig unter Vertrag und würden eine enorme Ablösesumme erfordern. Anders dagegen eine andere, kaum diskutierte Variante, die etwas erschwinglicher wäre, um dem Offensivspiel des FC Bayern neue Impulse zu geben.

Noch hat Robin van Persie seinen Vertrag bei Arsenal London nicht verlängert. Der diesjährige Torschützenkönig der Premier League zögert mit seiner Unterschrift, da ihm wohl weitere lukrative Angebote unterbreitet wurden. An vorderster Front Manchester City, was primär mit einem dicken Bündel Geldscheinen lockt. Ein weiterer Konkurrent um die Verpflichtung war bis vor einigen Tagen Juventus Turin. Der italienische Meister jedoch entschied sich nun gegen eine Verpflichtung des Holländers. Stattdessen wird wohl Edison Cavani in Zukunft für die "Alte Dame" auf Torejagd gehen. Bleibt der FC Bayern München. Von einem Interesse ist bisher nichts bekannt, doch könnten sich die Münchner für van Persie perspektivisch als interessanteste Lösung heraus kristallisieren.

Warum sollte der 29-Jährige nach München?

Finanziell sind die Münchner auf Rosen gebettet. Trotz dem dreifachen zweiten Platz nahm der Club so viel Geld ein wie noch nie in der Vereinshistorie. Somit müsste van Persie in der bayrischen Landeshauptstadt keine Abstriche beim Gehalt machen - eher im Gegenteil. Mit 29 Jahren ist der Holländer am sogenannten Zenit seiner Karriere. Ein letzter "großer Vertrag" könnte abgeschlossen werden, verbunden mit einer neuen Erfahrung in einer ihm unbekannten, aber florierenden Liga. Vermutlich wäre ein Transfer im Sommer seine letzte Möglichkeit hierzu. Ein weiteres sportliches Argument wäre die auf internationaler Ebene positive Entwicklung des deutschen Rekordmeisters. Zwei Champions League-Finalteilnahmen in drei Jahren spiegeln eine erfolgreiche Entwicklung wider. Auch wenn die Endspiele nicht von Erfolg gekrönt waren, zeigen sie die internationale Reputation des Vereins.

Warum sollte Arsenal ihn gehen lassen? 

Der Fußballer des Jahres in England ist nur noch mit einem Vertrag bis 2013 bei den Gunners ausgestattet. Somit wäre die kommende Sommertransferperiode die letzte Möglichkeit, einen Transfererlös zu erzielen. 20 bis 25 Millionen wären realistisch, bei einem Spieler mit einem Jahr Vertragslaufzeit und seiner Klasse. Einige Nachfolger böten sich zudem an, welche in das Wenger'sche Beuteschema passen würden. Da wäre beispielsweise der Franzose Olivier Giroud, an welchem auch die Münchner interessiert waren. Dieser könnte die Position des Mittelstürmers einnehmen und würde die Tradition von französischen Akteuren, wie Thierry Henry, oder aus der Ligue 1 kommenden Spielern, wie Marouane Chamakh, bei Arsenal fortführen. Ein ähnlicher Stürmertyp, dem das Arsenal-Jersey sicherlich ebenfalls gut stehen würde, ist der ehemalige Freiburger Papiss Demba Cissé, der einen ähnlichen Stürmertypen verkörpert, wie van Persie einer ist. Zudem bewies er in der abgelaufenen Saison eindrucksvoll seine Premier League-Tauglichkeit.

Warum sollte der FC Bayern van Persie verpflichten?

Bereits vor dem verloren gegangenen Champions League-Finale wurde über eine weitere Verpflichtung im Sturm diskutiert, da die Abgänge von Ivica Olic und womöglich Nils Petersen kompensiert werden müssen. Mit Claudio Pizarro, der höchstwahrscheinlich in den kommenden Tagen einen Einjahresvertrag mit Option auf eine weitere Saison unterschreiben wird, ist der Kader in die Breite verstärkt und die Vakanz auf dieser Position getilgt. Das Finale am vergangenen Samstag lässt die Vereinsoberen jedoch wieder über eine "große Lösung" nachdenken, welche Mario Gomez Konkurrenzkampf, vor allem aber dem Kader eine noch größere Qualität bescheren soll. Ebenso soll das Spielsystem variabler und unberechenbarer werden. Vielleicht durch Robin van Persie? Womöglich, wenn nicht gar ziemlich sicher, aber auf Kosten Arjen Robbens, der in den Gedankenspielen zu einer Schlüsselfigur werden könnte. Beide, also Robben und van Persie, in einer Mannschaft plus den stets offensivdenkenden Franck Ribéry und Mario Gomez in der Spitze wären vermutlich, aufgrund des zu großen Offensivpotenzials, nicht möglich. Statt Robben könnte Thomas Müller die rechte Flanke beackern. Dieser würde, statt immer wieder in die Mitte zu ziehen und den Abschluss zu suchen, Gomez  vermehrt mit Flanken - welche er dringend benötigt! - füttern. Anders als Bayerns derzeitige Nummer Zehn. Van Persie agiert versetzt als hängende Spitze hinter Gomez und vor den beiden Sechsern, welche ihn absichern. Toni Kroos, der seine zentrale Mittelfeldposition somit vorerst los wäre, könnte auf eben jene Sechs rotieren. Die Mannschaft wäre somit weniger ausrechenbar. Vielleicht hätte mit einem Robben-Abgang auch die leidige "Ego-Diskussion" und "Eigensinn-Debatte" ein Ende, was zu einem Anstieg der Teamharmonie führen könnte. Hinzu kommt, dass der FC Bayern in den letzten Jahren immer wieder gute Erfahrungen mit holländischen Spielern gemacht hat. Roy Makaay schoss die Münchner mit seinen Toren zu Titeln, Mark van Bommel wurde zum Publikumsliebling und Aggressiv-Leader und Arjen Robben trug entscheidend dazu bei, dass die Mannschaft in den letzten drei Jahren die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal gewann sowie in drei weiteren Endspielen stand. 

Der 28-Jährige verlängerte erst kürzlich seinen Vertrag bis 2015. Vorgestern bei seinem Entschädigungsspiel der Bayern gegen die Niederlande wurde er gestern gar von einigen Zuschauern ausgepfiffen. Ein Grund mehr zu gehen? Ein Bild von van Persie konnten sich die Vereinsoberen übrigens nicht machen – dieser saß 90 Minuten auf der Bank. Ein Abgang des exzentrischen Holländers könnte jedenfalls den Weg für einen Kollegen aus der Elftal ebnen. Robin statt Robben: Die Lösung für Bayerns Denkspiele in der Offensive?

Auch erschienen auf SPOX.com.

23. Mai 2012

Käse-Kick zur Traumaüberwindung

Über Sinn und Unsinn des gestrigen Freundschaftskicks der Niederlande gegen die Bayern wurde viel gestritten. Hätten die Münchner den Champions League-Pokal gewonnen, wäre die Partie eine reine Freudenfeier und somit ein toller Saisonabschluss geworden. Da allerdings ein gewisser Didiér Drogba diesen Traum wie wir alle wissen zerstört hat, drohte das Spiel, welches als Entschädigung für die langwierige Verletzung Arjen Robbens angesetzt wurde, zu einem überflüssigen Pflichttermin zu verkommen. In gewisser Art und Weise war es das auch. Die Spieler schoben eine ruhige Kugel, es kamen kaum Zuschauer ins Stadion am Kurt-Landauer-Weg. Einige der gut 30 000 brachten es dann trauriger Weise noch zu Stande, Robben bei seiner Einwechslung und bei nahezu jedem Ballkontakt auszupfeifen. Eine Schande. Zweierlei gute Dinge hatte die Begegnung allerdings: Die scheidenden Spieler, u.a. Hans-Jörg Butt, Ivica Olic und Danjiel Pranjic, konnten noch einmal gebührend verabschiedet werden. Ebenso mussten sich die Akteure wieder ihrem Alltag widmen: dem Fußballspielen. Heute früh hörte ich, dass Piloten, die einen Flugzeugabsturz verursachten und überlebten, wieder so schnell wie möglich ins Cockpit müssen, um das Trauma zu überwinden und wieder ins vertraute Leben zu gelangen. Dieser Effekt könnte auch der sogenannte "Käse-Kick" gehabt haben. Es wäre den Münchner Akteuren - besonders mit Blick auf die Europameisterschaft - zu wünschen.

Kleine Randnotiz zum Schluss: Das Spiel wurde übrigens, durch die Tore von Kroos, Petersen und Gomez, 3:2 gewonnen.

22. Mai 2012

Der tragische Held

In der 5. Minute des Finalspiels gegen den FC Chelsea bekam Bastian Schweinsteiger eine Muskelquetschung bei einem Zweikampf mit einem Londoner Spieler, dies gab heute Trainer Jupp Heynckes am Rande des Freundschaftskicks der Münchner gegen die Niederlande bekannt. Er spielte satte 115 Minuten weiter. Er rackerte. Warf sich in Zweikämpfe. Trieb das Spiel immer wieder an. Übernahm Verantwortung: Wagte sich an den fünften, entscheidenden Elfmeter. All das für den großen Traum - der leider verwehrt blieb. Bastian Schweinsteiger: Ein wirkliches Vorbild, welches das Vereinsemblem im Herzen trägt.

[Bild: Tobias Ilg]

21. Mai 2012

Gott ist tot

Es begann so gut: Die Mannschaft der Bayern spielte mit Herzblut, mit Leidenschaft, mit Engagement. Chelsea bekam kaum Luft zum Durchschnaufen. Immer wieder preschten die Roten nach vorne. Tymoschtschuk und Boateng verteidigten konzentriert, der überragende Lahm gefiel mit tollen Vorstößen über die rechte Flanke. Diego Contento, vor dem Spiel als Schwachpunkt ausgemacht, machte das Spiel seines Lebens und ersetzte Alaba vorzüglich. Bastian Schweinsteiger schleppte am Rande seiner Kräfte die Bälle immer wieder vor das Londoner Tor. Ribéry und Robben dribbelten den Gegnern Knoten in die Beine. Besonders der Holländer suchte immer wieder mit Schüssen aus allen Lagen auf das Gehäuse von Petr Cech den Abschluss. Erst in der 83. Minute, nach unzähligen Torversuchen und 18 Eckbällen gelang das 1:0 durch den stark aufspielenden, aber von Wadenkrämpfen geschwächten Thomas Müller. Die Arena bebte, die Public Viewing-Plätze, wie das Olympiastadion oder die Theresienwiese implodierten, ganz München wurde zum Tollhaus. Bis der bis dato abgemeldete Didiér Drogba den Ball - nach der einzigen Ecke der Londoner in der regulären Spielzeit - per Kopf in den Winkel bugsierte. Sieben verdammte Minuten haben gefehlt. Es folgte die Verlängerung. Auf dem Zahnfleisch gehend brachten die Münchner noch einige Angriffe zustande, doch leider fehlte das Glück im Abschluss. Besonders Mario Gomez erwischte einen in Pech getränkten Tag. Der Elfmeter in der 95. Minute brachte etwas Hoffnung: Die Zuschauer im Olympiastadion waren sich sicher, das Arjen Robben treffen würde. Schnell waren die Kameras und Handys gezückt, um einen Jubelsturm aufzunehmen. Doch er vergab. Wie schon gegen Boruassia Dortmund im vorentscheidenden Duell um die Meisterschaft verschoss der Holländer. In den restlichen Minuten gelang es keiner Mannschaft mehr, den Lucky-Punch zu setzen. Das Roulette musste entscheiden. Auch hier begann es verheißungsvoll: Manuel Neuer hielt den ersten Elfer von Juan Mata. Doch darauf folgten wackelige Knie und bibbernde Füße: Beinahe jeder Spieler traute sich nicht zum Duell mit Petr Cech anzutreten. Schließlich musste gar Neuer sein Glück versuchen, da ein Tymoschtschuk, ein Kroos, ja auch ein Robben kniffen. Ivica Olic, zwar mit Mut, nicht aber mit der besten Schusstechnik ausgestattet, vergab, während die Schützen der Blues souverän verwandelten. Bastian Schweinsteiger, in Madrid noch der gefeierte Held, vergab. Es war knapp. Sehr knapp. Der Ball tupfte an den Pfosten. Statt in die Maschen, sprang er hinaus. Es sollte nicht sein. Drogba verwandelte den entscheidenden Elfmeter eiskalt. So war auch der Schauer, der den Fans und den Spielern über den Rücken lief, als somit die Entscheidung gefallen war. Die Funktionäre um Uli Hoeness vergruben ihr Gesicht in den Händen. Die Spieler sackten zu Boden, Tränen liefen in Strömen. Auf dem Platz in der Arena, wie auch beim Public Viewing im Olympiastadion. Eine Tragik, beinahe schlimmer als 1999. Chelsea gewann dank ihrer unglaublich bescheidenen Interpretation des Fußballspiels und dem Ivorer Didiér Drogba. Das Finale Dahoam war verloren. Thomas Müller sagte später, es gäbe wichtigere Dinge als Fußball. Dennoch: Der Fußballgott muss tot sein - sonst hätte er so etwas nicht zugelassen.

[Bilder: Tobias Ilg]

18. Mai 2012

Oktoberfest im Mai

Kategorie 1 gibt es für 6000, einen Rang drüber schon für 2999 Euro. Wer das nötige Kleingeld besitzt und sich ein Ticket für das große Finale in der Champions League am morgigen Samstag besorgt hat, kann sich glücklich schätzen. Unglaubliche 1,2 Millionen Ticketanfragen gingen bisher ein. Doch nicht nur die Preise laufen aus dem Ruder: In der Stadt wird es laut Angaben des Tourismusbüros keine freien Hotelzimmer mehr geben. Jedes Hostel, jede Herberge, ja sogar jede Couch ist belegt. Für sämtliche Public Viewing-Bereiche gibt es keine Karten mehr. Es werden 65 000 im Olympiastadion und 30 000 auf der Theresienwiese erwartet. Nicht mitgerechnet sind die unzähligen Kneipen und Beizen, welche das Spiel live übertragen und wohl den Umsatz des Jahrtausends machen werden. An vielerlei Orten sollen rot-weiße Banner wehen, Statuen werden mit Bayern-Trikots und Schals behängt. Selbst die heute aufkommenden Unkenrufe aus den Untiefen der FDP, wo es eine unglaublich wichtigtuerische Politikerin für angebracht hielt, ihre Meinung über die Münchner Bayern kund zu tun ("Das guck' ich nicht. Ich hasse Bayern München."), lässt die vorherrschende Euphorie nicht im Ansatz schmälern. München steht Kopf. Wie schön, schon in wenigen Stunden ein Teil davon zu sein.

AUF GEHT'S IHR ROTEN!

[Bild: Tobias Ilg]

16. Mai 2012

1999 wurde...

....das Finale in der Champions League gegen Manchester United innerhalb von 120 Sekunden verloren. Zwei Jahre später, im Mai 2001, folgte der große Triumph gegen Valencia. 2010 ließ Diego Milito, Stürmerstar Inter Mailands, den Bayern keine Chance. Am Samstag, wieder zwei Jahre später, stehen die Roten erneut im Finale. Hoffentlich wiederholt sich Geschichte!




15. Mai 2012

Köpenick statt München

Die Hauptstadt spielt wieder Zweite Liga. Hertha BSC muss nach nur einem Jahr in der 1. Bundesliga wieder den harten Gang ins Fußballunterhaus antreten. Der Abstieg war ein selbst gemachter: Bereits im Dezember gab es in Berlin dicke Luft, was nicht an den Abgasen in der Innenstadt lag. Öffentlich wurde aus verschiedenen Gründen über Markus Babbel, dem damaligen Trainer, diskutiert. Kurz darauf wurde er wegen diverser Scharmützeleien, der "Lügenbaron"- und anderen Affären sowie stockender Vertragsgespräche entlassen.  Nachfolger Michael Skibbe brachte nichts anderes als Niederlagen mit zu seinem neuen Arbeitgeber - nach einer Hand voll Spielen war auch für ihn Schluss. In seiner Verzweiflung entschloss sich Manager Michael Preetz für Otto Rehhagel als Feuerwehrmann. Er erhoffte sich, mit Hilfe der langjährigen Erfahrung des 72-Jährigen, den Absturz in die Unterklasse zu bewahren. Mit Glück und der Tatsache, dass zwei Mannschaften einfach noch schlechter waren, gelang den Berlinern der Sprung auf den Relegationsplatz. Nach einem miserablen 1:2 im heimischen Rund konnte auch im heutigen Rückspiel der Relegation gegen die Fortuna aus Düsseldorf der Spieß nicht umgedreht werden. Trotz stürmischen Randale-Zuschauern, einem Haufen Bengalos und voreilig den Rasen massakrierenden Anhängern gelang kein Sieg. Der Verein, die Mannschaft, der Trainer, die Funktionäre - sie werden sich wieder einmal neu sortieren und vor allem finden müssen, damit zügigst der Wiederaufstieg gelingt. Vorerst wird die Hertha allerdings wieder mit Paderborn oder Union vorlieb nehmen müssen. Das einzig Positive: Die 20 000 Euro teure kurvenfüllende Choreo, welche im letzten Duell gegen den Köpenicker Rivalen aufgrund starken Windes nicht ausgerollt werden durfte, findet doch noch seine Verwendung. Immerhin.

[Bild: Tobias Ilg]

14. Mai 2012

Lewandowski zum FC Bayern!

Ganz kurz, ja wirklich nur für eine Sekunde, lag mir ein Jubelschrei auf den Lippen. Lewandowski wechselt zum FC Bayern München. Die Welt, ja gar die Süddeutsche informierten die Leser über diesen Transfer-Coup. Ich malte mir bereits aus, wie Robert Lewandowski, polnischer Torjäger und seit vergangenen Samstag endgültig Albtraum aller Bayernfans, gemeinsam mit Mario Gomez ein europaweit gefürchtetes Sturmduo bildet. Doch meine Träume wurden mit zunehmender Lektüre der Artikel jäh beendet. Statt Robert wechselt nun Gina Loren Lewandowski, eine US-Fußballnationalspielerin in Diensten des FFC Frankfurt nach München - zur Damenmannschaft. Schade, eigentlich.

13. Mai 2012

Fehler über Fehler

"Eklatante Fehler", "klare Fehler", "Leichtsinnsfehler", "zu viele individuelle Fehler" und "unglaublich individuelle Fehler": Philipp Lahm, Franz Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge waren sich einig, was der Grund für die gestrige Niederlage gegen die Borussia aus Dortmund war. Hoffen wir, dass bis nächste Woche diese Fehlerkette abgestellt wird.

Sprücheklopferparade: Dettmar Cramer

Dettmar Cramer war so einiges: Trainer des FC Bayern München, Assistenz-Trainer der Deutschen Fußballnationalmannschaft unter Helmut Schön, Cheftrainer der US-Auswahl und, was einige nicht wissen, der erste Redakteur des ZDF im Bereich Sport. Jedoch war dieser Abstecher nur von kurzer Dauer: Ganze drei Monate hielt er es nur aus. Ihm fehle der direkte Kontakt zum Fußball, so der im Jahr 1925 geborene Dortmunder. Im Fußballgeschäft sollte er es um einiges länger aushalten. Neben zahlreichen Erfolgen, unter anderem dem Pokal der Landesmeister und dem Weltpokal mit den Bayern, heimste Cramer fleißig Spitznamen ein: Wegen seiner Körpergröße von 1,61m wurde er "Napoleon" genannt, Sepp Maier titulierte ihn liebevoll "Laufender Meter". Seine Vielzahl an Trainerstationen, von Teutonia Lippstadt über Bayern München und Al-Ittihad bis zu Aris Thessaloniki, brachten ihm zudem den Beinamen "Weltenbummler". Dettmar Cramer, welcher ab 2002 offiziell seinen Ruhestand genießt, wurden während seiner Laufbahn so einige Ehren zuteil: Er bekam das Bundesverdienstkreuz verliehen, stieg zum Indianerhäuptling auf,  erlangte zwei Ehrenprofessuren und wurde in die Japanische Fußball Ruhmeshalle aufgenommen. Eine Ehre ihm unverständlicherweise nicht zu Teil wurde, war, für diese philosophische Weisheit, in einem Atemzug mit Aristoteles und Sartre genannt zu werden. Er hätte es sich redlich verdient:

"Es hängt alles zusammen. Sie können sich am Hintern ein Haar ausreißen, dann tränt das Auge."

[Bildquelle: abendblatt.de]

5. Mai 2012

Der Traum der Bestia Negra

Kalle Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, hielt gestern beim obligatorischen Bankett eine Lobeshymne auf die Mannschaft und das Trainerteam. Zu recht: Die Bayern zeigten eine hervorragende Leistung gegen Real Madrid, allen voran Manuel Neuer, der spätestens im Elfmeterschießen die Kahn'sche Titan-Legierung auftrug. Ebenso hervor heben muss man David Alaba, dem eigentlichen Motor des Spiels, der kaltschnäuzig und routiniert agierte - mit 19 Jahren wohlgemerkt. Holger Badstuber, der cooler spielte als ein Tiefkühlfach, Luiz Gustavo als Staubsauger vor der Abwehr, Toni Kroos als Ballverteiler, Rib und Rob als permanente Unruheherde für die Madrider Defensive, Mario Gomez, der ackerte wie ein Ochse auf dem zu bestellenden Feld und Bastian Schweinsteiger, der, je mehr Minuten verstrichen, mehr Verantwortung an sich nahm, pünktlich zum Elfmeterschießen seine "Eier wiedergefunden" hatte und die Bajuwaren so in das Endspiel Dahoam manövrierte. La Bestia Negra, wie die Madrilenen erfurchtsvoll die Münchner nach einigen hochklassigen - und vor allem siegreichen - Duellen in der Vergangenheit nennen, hatte wieder zugeschlagen. Redenschwinger Rummenigge bekam während des Spiels eine Kurznachricht von einem Freund. Inhalt: "Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen". Vielleicht hat das schüchterne Träumen vom größten Titel im Vereinsfußball, klammheimlich unter der Bettdecke im heimischen Matrazenlager, bald ein Ende. Die Trophäe ist bereits in München. Jetzt gilt es nur noch, sie hier zu behalten.

[Bild: spox.com]

2. Mai 2012

Strandfußball im Land des Crickets

Es ist schon eine Seltenheit in Sri Lanka, einem Land, in welchem in jeder freien Minute und von jedem noch so bewegungsfreudigen Menschen Cricket gespielt wird, in den Genuss einer Partie Fußball zu kommen. Eines frühen Morgens aber trafen sich tatsächlich zehn Ballkünstler, in der Nähe meiner Unterkunft, um sich ein Match am Strand der Küstenstadt Negombo zu liefern. Beobachtet von einigen Zuschauern zeigten die sri-lankischen Balltreter was sie können. Der Ball lief einige Male schön durch die Reihen, trickreiche Alleingänge wurden jäh durch eine Sand aufwirbelnde Grätsche gestoppt. Gelegentlich fand ein barfüßig abgefeuerter Distanzschuss den Weg auf das Gehäuse, traf den Pfosten und hob es aus der Verankerung im Sand. Nach einer guten Dreiviertelstunde fiel tatsächlich das erste Tor: Ein Mann in den Farben Hansa Rostocks, wie er an dieses Trikot kam, ist mir nach wie vor ein Rätsel, traf in Gerd-Müller-Drehschuss-Manier zum 1:0 für das in Weiß gekleidete Team. In den folgenden 15 Minuten brachte die führende Truppe in feinstem Catenaccio das Spiel über die Runden. Denn nach einer Stunde war Schluss: Die schützenden Wolken verzogen sich und die Sonne begann zu brennen, was ein Weiterspielen unmöglich machte.

[Foto: Tobias Ilg]