4. September 2012

Der Transferwahn und seine Grenzen

Der Transfermarkt schien schon abgegrast, da schlug Zenit St. Petersburg noch einmal richtig zu. Neben dem belgischen Nationalspieler Axel Witsel, der für 40 Millionen von Benfica Lissabon kommt, wechselt auch Ausnahmestürmer Hulk nach Russland. Satte 55 Millionen legt Zenit für den jungen Brasilianer auf den Tisch, ermöglicht durch das Verhandlungsgeschick von Dietmar Beiersdorfer, nicht zuletzt aber auch aufgrund von vielen, vielen Gazprom-Dollars. Hulk war sich eigentlich vor einigen Wochen bereits mit Chelsea über einen Wechsel einig, jedoch zerschlug sich der Transfer an den unterschiedlichen Ablöseforderungen. Der FC Porto untermauert nicht zuletzt mit diesem Verkauf seine Spitzenposition als Ausbildungsverein: Der 25-Jährige ist mittlerweile der 21 Verkauf seit 2001, bei dem eine Ablösesumme von mindestens zehn Millionen Euro generiert wurde.  
Im Transfersummen-Wahnsinnsspiel auf Platz zwei vor St. Petersburg rangiert ebenfalls ein Russe: Roman Abramowitsch und sein FC Chelsea. Seit seiner Übernahme im Jahr 2003 hat der russische Oligarch knapp eine Milliarde Euro in den Klub investiert. In diesem Sommer kamen noch einmal gute 100 Millionen Euro hinzu. Unter anderem wechselten Lucas, Eden Hazard und der ehemalige deutsche Nationalspieler Marko Marin an die Stamford Bridge.
Unangefochten auf Platz Eins thront in Sachen Transferausgaben in diesem Sommer mit knapp 150 Millionen Euro Paris St. Germain. Für diese Summe, Handgelder und Jahresgehälter nicht mit eingerechnet,  lotste der Verein unter anderem Zlatan Ibrahimovic, Thiago Silva, Lucas und Ezequiel Lavezzi in die französische Hauptstadt. Der erste Erfolg ließ jedoch lange auf sich warten: Erst am vierten Spieltag gelang der erste Sieg in der laufenden Saison. 
Den Preis für die meisten Transfers in kürzester Zeit bekommt Manchester City. Hatten die Engländer am 31. August nur einen neuen Spieler unter Vertrag genommen, schlugen sie in den letzten sechs möglichen Transferstunden noch einmal zu wie am Wühltisch während des Sommer-Schluss-Verkaufs. Neben Torhüter Richard Wright, schlossen sich noch Scott Sinclair, Matija Nastasi, Javi García und der brasilianische Rechtsverteidiger Maicon den Citizens an.
Die in Deutschland gezahlten Transfersummen sind dagegen beinahe lächerlich: Mal überwies Borussia Dortmund 17 Mio für Marco Reus, mal Borussia Mönchengladbach 15 Millionen für Luuk de Jong. Nur der FC Bayern München entschied sich in dieser Wechselperiode für eine "verrückte Sache" (O-Ton Matthias Sammer) und überwies 40 Millionen Euro für die Dienste des Mittelfeldspielers Javier Martínez von Athletíc Bilbao. Jedoch fußen all die von Bundesligisten getätigten Transfers auf einem gesunden wirtschaftlichen Fundament - im Gegensatz zu den Wechselspielen der englischen, französischen und mittlerweile auch russischen Vereine. Statt sich wie auf der Spielkonsole Fußballspieler einzukaufen und diese mit Millionen aus den Geldbörsen von Scheichs und Oligarchen zu bezahlen, finanzieren deutsche Vereine ihre Einkäufe aufgrund soliden und klugen Wirtschaftens. Das Projekte à la Manchester City oder Paris St. Germain schiefgehen können, zeigt das Beispiel des FC Málaga. Der ehemalige Eigentümer Scheich Al Thani zog sich nach mehreren teuren Einkäufen vor Beginn dieser Spielzeit zurück und hinterließ einen hochverschuldeten Klub. Nur durch die lukrativen Verkäufe von Santi Cazorla oder Rondón sowie den Abgängen von den Top-Verdienern Joris Mathijsen und Ruud van Nistelrooy konnte eine Pleite abgewendet werden.

In der deutschen Fußball-Bundesliga sind solche Vereinskäufe nicht möglich. Die sogenannte 50+1-Regel, ein Paragraph im Regelwerk der Deutschen Fußball-Liga verhindert, dass Kapitalanleger die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften, in die so manche Fußballvereine ihre Profimannschaften mittlerweile ausgegliedert haben, übernehmen. Welch' ein Glück, dass wenigstens der deutsche Profi-Fußball dem Transferwahnsinn noch Grenzen setzt. 

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4 Kommentare:

  1. Schöner Post Tobi, langsam rentiert sich die schon fast schwäbische Sparsamkeit beim Einkauf von neuem Spielermaterial.

    Während alle anderen Ligen privatisiert und/oder pleite gehen boomt die Bundesliga und wird zunehmend attraktiver. Sogar die spanische Liga existiert eigentlich nur weil die Banken und der Staat den Mannschaften sämtliche Ausstände entweder erlassen oder verlängert haben. Und dennoch schaffen es die Vereine nicht Ihre Spielergehälter zu zahlen.

    Barcelona wäre in der Bundesliga sicher schon Zwangsabgestiegen und wie ein Chelskiverschnitt in Deutschland erkennt sieht man ja am kleinen Bruder Hoppenheim ;-)

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    1. Vielleicht sollte mal man noch erwähnen das es in Deutschland durchaus Vereine gab welche einen anderen Weg einschlagen wollten. Man vergisst ja gerne das der, mittlerweile zurecht, viel gelobte BVB fast zwangsabgestigen wäre und welche Summen dort für einen Amoroso gezahlt wurden...

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  2. Amoroso! Stimmt! Oder Ikpeba, Evanilson etc. :) Ich dachte eigentlich, dass sich Stuttgart dieses Jahr ziemlich klug auf dem Transfermarkt verhalten hat: punktuell und günstig verstärkt. Da sie jetzt grad auf dem letzten Platz sind, wiederlegt zwar meinen Gedanken, aber es sind ja auch erst zwei Spieltage rum!

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  3. Ach die Schwaben, gegen Wolfsburg unglücklich verloren und gegen Bayern das Spiel zu wenig vorangetrieben.. Denke nicht das die Saison eine Schlechte wird auch wenn man den Kader meiner Meinung nach wesentlich besser hätte optimieren können. Klar, kaum Geld ausgegeben aber auch keine effektive Steigerung des Kaders, weder in die Breite noch qualitativ. Da hätte man schon mehr machen können/müssen. Schlussendlich wirds wohl auf einen Platz im grauen Mittelfeld hinauslaufen. Mein Tipp ist Platz 10.

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