15. November 2012

Holland vs. Deutschland: Ein Fest der Langeweile

Im Vorfeld wurde leidenschaftlicher und ausgiebiger über das Länderspiel diskutiert als danach. Das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande entpuppte sich als ein Festival der Langeweile; wie befürchtet, wurde es ein lahmer Kick. Es fielen weder Tore noch waren Brisanz und Spannung auf dem Spielfeld auch nur für einige Minuten zu spüren. Auch das spannungsvoll erwartete Aufeinandertreffen von Jogi Löw und Louis van Gaal fiel alles andere als spektakulär aus.



Die deutsche Mannschaft wurde im Vorfeld von Verletzungssorgen (Badstuber, Schmelzer, Özil, Khedira, Boateng, Klose, Gomez) und von einem mysteriösen Virus (Kroos, Schweinsteiger) heimgesucht. So blieb Bundestrainer Joachim Löw nichts anderes übrig, als eine zusammengewürfelte Elf auf den Platz zu schicken. Vor Manuel Neuer verteidigten Philipp Lahm, Mats Hummels, Per Mertesacker und Benedikt Höwedes. Im defensiven Mittelfeld versuchten sich Lars Bender und Ilkay Gündogan. Für Druck nach Vorne sollte die Bubi-Offensive sorgen: Neben Marco Reus waren dies Lewis Holtby, Mario Götze und - der mit 23 Jahren älteste Akteur aus diesem Quartett - Thomas Müller. Bei den Holländern musste man schon genauer hinsehen, um bekannte Spieler zu entdecken. Manche Namen hörten selbst ausgewiesene Fachleute zum ersten Mal, wie beispielsweise Martins Indi oder Schaken. Van Gaal ist einfach immer für eine Überraschung gut.
Die ersten 20 Minuten fanden beinahe ausschließlich auf Höhe der Mittellinie statt. Erst Marco Reus brachte in der 21. Minute mit einem ersten Schuss auf das Tor ein wenig Leben in die ausverkaufte Amsterdam Arena. Im Gegenzug war es Arjen Robben, der beinahe die Führung für Oranje erzielte. Doch der Münchner Außenstürmer kam vor dem leeren Tor ins Stolpern und drosch den Ball aus spitzem Winkel am Gehäuse von Neuer vorbei. Bis kurz vor der Pause verflachte die Partie erneut. Erst ein Pfostenschuss von Reus ließ die Zuschauer wieder erwachen. Der kurz darauf folgende Versuch vom Dortmunder Kollegen Gündogan wurde von Heitinga auf der Linie geklärt. Mit 0:0 und dem Glauben, dass die Leistung der 22 Akteure auf dem grünen Rasen nur noch besser werden kann, ging es in die Pause. Eine vielsagende Statistik am Rande: Per Mertresacker war der Mann mit den meisten Ballkontakten auf dem Platz - gefolgt von Mats Hummels...
Nach dem Pausentee wurde die Begegnung allerdings alles andere als attraktiv: Müde Querpässe, keine zündenden Offensivideen, Ballschieberei und fehlende Strafraumszenen prägten die erste halbe Stunde des zweiten Durchgangs. Eine Viertelstunde vor Schluss steckte die Elftal noch einmal auf. Manuel Neuer parierte glänzend gegen den zur Pause eingewechselten Janmaat. Auch der Bremer Elia kam zu einer Torchance. Mehr war allerdings nicht drin. Das Spiel dümpelte gen Ende und wurde durch unnötige Wechsel in den Schlussminuten nur noch zusätzlich verzögert. Nach zwei Minuten als Dreingabe hatte dann auch der wenig geforderte Schiedsrichter Pedro Proenca aus Portugal Erbarmen und pfiff die Partie beim Stande von 0:0 ab.
Das letzte Spiel der deutschen Nationalmannschaft im Kalenderjahr 2012 wird wohl als eines der schlechteren in die Geschichtsbücher des DFB eingehen. Bei einem an den Ribbeck'schen Spielstil zu besten Euro 2000-Zeiten erinnenden Auftritt, waren die Einwechslung eines Benders für einen Bender und das Länderspieldebüt des Schalkers Roman Neustädter wohl die nennenswertesten Highlights.  Löw verpasste es, dem Spiel mit früheren Wechseln neue Impulse zu geben. Ein André Schürrle beispielsweise oder ein Julian Draxler hätten dem Spiel der DFB-Elf vielleicht noch einmal neuen Auftrieb geben können. Stattdessen wartete der Bundestrainer bis zur 72. Minute mit einem Spielertausch. Für den blassen Mario Götze, dessen aktivste Szene das Heraustraben bei der Auswechslung war, kam Lukas Podolski, den viele von Beginn an im Sturmzentrum erwartet hätten. Neben Podolski fand sich auf der Bank übrigens auch ein neues Gesicht wieder: Sebastian Jung von Eintracht Frankfurt. Der 22-jährige Hesse ist der erste Eintracht-Akteur seit Horst Heldt vor 13 Jahren, der im Kader der Nationalelf steht. Neben Jung saß René Adler, der sich durch tolle Leistungen in der Bundesliga wieder in den erlesenen Torhüter-Kreis gehalten hat. 
Die Bezeichnung "Bester Mann" hätte kein Spieler so wirklich verdient. Vielleicht sollten diejenigen hervorgehoben werden, die nicht auf dem Platz standen. Am ehesten vielleicht noch: der Ball. Er wusste wenigstens richtig zu rollen. Danach vielleicht Ilkay Gündogan, der sich gelegentlich aufrieb und für einen Hauch von Gefahr in Gegners Hälfte sorgte. Oder Manuel Neuer, der einmal sensationell gegen Robben parierte und somit die Null hielt. 
Abseits des Platzes wurde übrigens ebenfalls kein Feuerwerk entfacht. Das spannungsvoll erwartete Aufeinandertreffen von Jogi Löw und Louis van Gaal war, nach allen Verbalgrätschen im Vorfeld, alles andere als skandalträchtig. Keine Blitze bei der Begrüßung, kein verweigerter Handschlag, kein Wortgefecht. Stattdessen: Eine schauspielerische Glanzleistung. Van Gaal und Löw haben sich also wieder lieb.
Glücklicherweise übertrug die ARD noch die Partie der Schweden gegen England. Ohne das grandiose Tor von Zlatan Ibrahimovic, hätte sich dieser Fußballabend wohl als ein unglaublich öder in mein Gedächtnis eingebrannt.

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