27. Juli 2012

Das "steife Bein" der Bayern

Gestern schaffte es die Bild eine E-Mail des ehemaligen Bayern Co- und Amateurtrainer Andries Jonker, die für den FC Bayern bestimmt war, an die Öffentlichkeit zu bringen. Diese Nachricht strotzt nur so von Rechtsschreibfehlern, doch hat sie auch einige wahre Dinge zum Inhalt. Neben nicht zu beurteilenden Sachlagen die vom eigentlich ruhigen Holländer thematisiert werden, wie einer möglichen Versetzung in die U-19 oder Diskrepanzen zwischen ihm und den neuen Jugendleitern Hans-Jörg Butt und Michael Tarnat, bringt Jonker auch ernsthafte Probleme ans Tageslicht. So fehle den Münchnern eine einheitliche Philosophie und Organisation im Jugendbereich. Das "steife Bein" des "goldenen Fußallpferdes" Bayern München sei, laut Jonker, die Jugendarbeit. Die drei weiteren Beine ("Profibein", "finanzielle Bein" und "kommerzielle Bein") würden das lahme Bein einfach mitschleppen. Harte Kritik vom Niederländer, der insgesamt drei Jahre im Verein tätig war. Bis zur Verpflichtung van Gaals und jenen Jonkers war es um den Jugendbereich eher still. Erst durch den Hang zur Talentförderung der zwei Niederländer bekamen ein Müller, ein Badstuber oder ein Alaba überhaupt erst die Chance, im Profikader Fuß zu fassen. Zwar gewann die Reserve des FC Bayern 2003/2004 die Regionalligameisterschaft, fortan machte sich aber ein schleichender Abstieg bemerkbar. Kaum ein Talent gelang der Sprung in die erste Mannschaft der Münchner. Und wenn doch, dann wurde es beinahe reflexartig verkauft, wie etwa bei Misimovic, Ekici oder Hummels geschehen. Es fehlte an einem Konzept zur Jugendförderung. Ein einheitliches Spielsystem im Jugendbereich? Nicht vorhanden. Alteingefahrene, verkrustete Prinzipien, keine neuen Anreize: Die Mannen um den damaligen Jugendchef Werner Kern beharrten auf ihr traditionelles Arbeiten. Trauriger Höhepunkt der Negativ-Entwicklung war der Abstieg der Bayern Reserve aus der 3. Liga in die Regionalliga Süd im Jahr 2011. 
Auch Jonker gelang es vergangenes Jahr nicht, den direkten Wiederaufstieg zu realisieren oder einen bleibenden Eindruck im Jugendbereich der Münchner zu hinterlassen. Aus Wut zog er nun lieber weiter nach Wolfsburg, um dort Felix Magath zu assistieren. Metaphorisch ausgeklügelt fügt er am Ende seines Briefes hinzu, dass der FC Bayern, das "potenzial beste und schnellste Pferd der Fußballwelt", wohl nun bessere Zeiten entgegenblicken könne. Ein neuer Reiter sei gekommen. Und dieser wird "machen das es Philosophie, Organisation, Inhalt und Voraussetzungen gibt". Nehmen wir Andries Jonker beim Wort und hoffen, dass mit Matthias Sammer als innovativen Jugendförderer und mit der Hilfe seiner Kollegen Mehmet Scholl, Michael Tarnat und Hans-Jörg Butt das vierte Bein schnell gesundet, um das "goldene Fußballpferd", wie der 49-Jährige so schön sagt, wieder in vollem Glanze erstrahlen zu lassen. Die ersten Schritte sind bereits getan.

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